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Joachim Karl-Zuppardo blickt vor der kommenden Saison über den Tellerrand
„Sonst kann ich den Vereinen für ihre Busfahrer auch gern ein paar Nasenstöpsel spendieren!“
09.10.2020 - 17:35 - BBZL - Bezirksligen - Allgemein - veröffentlicht von Joachim Karl - Verfasser: Benjamin Dornow - Quelle: Meldung Homepage Münchner EK
 

Vor dem Vorbereitungsspiel zwischen dem ESV Gebensbach und dem Münchner EK hat sich der Presseluchs mit dem sportlichen Leiter des Münchner EK, Joachim Karl-Zuppardo, sowie mit Luchsetrainer Tobias Knallinger unterhalten.

Im ersten Teil des Saisonvorschau-Interviews ging es um neue Herausforderungen der kommenden Saison, das verjüngte Gesicht der Luchse-Mannschaft, Redeanteile in Zoom-Meetings sowie den Zusammenhang zwischen Deos, Busfahrten und dem funktionierenden Spielbetrieb im BEV.

»Wir werden von Spiel zu Spiel schauen, gerade in dieser Corona-Saison«

Presseluchs:
„Ich stehe dreißig Minuten vor dem Treffpunkt mit der Mannschaft mit Jochen [Joachim Karl-Zuppardo, sportliche Leitung Münchner EK] und Tobi [Tobias Knallinger, Trainer Münchner EK] in der Gästekabine des Dorfner Dr. Rudolf Stadion und möchte mit euch ein bisschen über die kommende Saison sprechen. Ich möchte mit ein paar Fragen abseits des sportlichen Geschehens beginnen. Jochen, wir freuen uns alle sehr, dass in der aktuellen Situation Eishockey gespielt werden kann. Wie bereit ist der Münchner EK für eine Saison, in der sich der Verein, also besonders Rebecca [Rebecca Karl-Zuppardo, 1. Vorstand Münchner EK] und du, erstmals mit Themen wie einem Hygienekonzept und der Wahrung des Abstands neben dem Eis beschäftigen musste?“

Jochen:
„Also zunächst mal gehört in diese Gruppe auch die Karin [Karin Killinger, Vorstand Münchner EK]. Rebecca und ich kümmern uns hauptsächlich um Themen wie Abstimmung mit der Stadt, aber die Karin war den ganzen Sommer über viel näher an der Mannschaft und ist wie immer total engagiert.

Wie weit ist der MEK? Schwer zu sagen. Ich finde eigentlich, dass wir bisher auf einem guten Weg sind. Über die nächsten ein bis zwei Wochen werden wir zusammen mit der Stadt ein Hygienekonzept für das Stadion erstellen, um diese Saison vor Publikum spielen zu können, auch wenn ich das aktuell ein bisschen bezweifle. Ich glaube auch, dass diese Corona-Saison das umsetzt, was wir uns vorgenommen haben – wir gehen von Spiel zu Spiel. Zum einen wissen wir nicht: Wie lange geht die Saison? Wird sie zwischendrin abgebrochen? Oder unterbrochen?

Zum anderen wollten wir auch sportlich Woche für Woche sehen, wie sich die Mannschaft entwickelt. Wir haben neue Spieler und ein neues, äußerst engagiertes Trainerteam, sodass Entwicklung dieses Jahr unser Fokus ist. Wir werden also gerade in dieser Corona-Saison von Spiel zu Spiel schauen, gerade auch weil wir ja nicht mal wissen, ob wir nächste Woche überhaupt spielen können. Ob die Liga tatsächlich die Runde durchspielt, wage ich zu bezweifeln, weil ich nicht glaube, dass es in der gesamten Bezirksliga keinen Corona-Fall geben wird, und dann fallen ja schon zwei Mannschaften raus.

Nächstes Problem ist, dass der Terminplan für die Saison vom Verband extremst eng gestrickt wurde. Der Pokal wurde schon sehr kurzfristig abgesagt, das fand ich schon nicht so gut. Wir hatten beispielsweise nicht genug Eiszeiten und mussten ein Heimspiel abgeben. Zum Glück ist für dieses Spiel Bad Aibling als Gastgeber eingesprungen.
Es wird also garantiert eine schwierige Saison, aber wir schauen von Spiel zu Spiel und haben auch genug intelligente Leute im Verein, mit denen wir das alles meistern werden.“

»Da habe ich mir auch gedacht, was das denn jetzt soll. Sowas behalte ich nicht mehr für mich. Dafür bin ich zu alt und mach das zu lange.«

Presseluchs:
„Lass uns etwas über den Tellerrand hinausblicken – du bist im bayrischen Eissportverband gut vernetzt und äußerst auch gerne deine Meinung. Ich erinnere mich, dass du mir von einem BEV-Zoom-Meeting erzählt hast, bei dem du die meisten Redeanteile hattest. Gehen wir davon aus, dass die Pandemie in Deutschland weiter wie derzeit abläuft, das öffentliche Leben also bis Saisonende ähnlichen Einschränkungen wie zum jetzigen Zeitpunkt unterliegen wird. Rechnest du in den bayrischen Amateurligen (BZL, LL, BYL) unter den aktuellen Bedingungen mit einem weitestgehend reibungslosen Saisonablauf ohne große finanzielle Probleme bei den Vereinen? Werden die Ligen ihre Spielzeiten regulär mit Auf- und Absteigern beenden können?

Jochen:
„Also bezogen auf die finanzielle Situation bei uns: Wir werdens überstehen. Wir haben mit der Rebecca und der Karin Leute, die im finanziellen Bereich, was ich ja überhaupt nicht mache, super engagiert sind. Auch die Susy [Susy Englberger] hilft uns viel.

Das mit der Redezeit bei den Meetings liegt einfach daran, dass ich nicht mehr bereit bin, meine Meinung hinterm Berg zu halten, wie ich das früher manchmal gemacht hab. Mittlerweile sag ich einfach was. Ich kann dir da mal ein Beispiel nennen, was mich unheimlich genervt hat. Es gab Vereine, die gefragt haben, `können wir duschen?´. Und sollte Duschen nicht gehen, war das der totale Weltuntergang, und der arme Busfahrer, der dann mit den stinkenden Eishockeyspielern zwei Stunden im Bus sitzen muss. Da habe ich mir auch gedacht, was das denn jetzt soll. Wir betreiben den geilsten Mannschaftssport der Welt! Wir wollen doch Eishockey spielen, und wenn die Spieler hinterher zwei Stunden stinken, dann sollen ihnen die Vereine halt ne Packung Deos mitnehmen! Sonst kann ich den Vereinen für ihre Busfahrer auch gern ein paar Nasenstöpsel spendieren! Es kann doch nicht sein, dass ich als Verband versuche, Eishockey zu spielen, und dann gibt es Vereine, die den Spielbetrieb am Duschen festmachen wollen! Natürlich ist es immer besser, wenn die Jungs duschen können, keine Frage. Aber zu sagen, wir spielen nicht, weil wir nicht duschen können, dafür habe ich null Verständnis. Und das habe ich dann auch mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Da gabs dann auch die ein oder andere Diskussion, aber ich behalte sowas mittlerweile halt nicht mehr für mich. Dafür bin ich zu alt und mach das zu lange. Auch dadurch kennt man den MEK im Bayrischen Eissportverband.“

»Es gibt Vereine, die sind sehr engagiert. Andere Vereine sind meilenweit hinterher.«

Presseluchs:
„Und was meinst du zu den anderen Amateurligen im BEV, also Landesliga und Bayernliga? Können deren Saisons vernünftig durchgeführt werden?“

Jochen:
„Die Bayernliga ist die problematischste Liga, da wird der ein oder andere Verein ohne Zuschauer mit Sicherheit große Probleme bekommen. Es gibt Vereine, wie beispielsweise hier in Dorfen, die sind sehr engagiert. Hier gibt es jetzt eine automatische Kamera und jedes Spiel wird als Livestream angeboten. Andere Vereine sind da meilenweit hinterher. Die Vereine, die tatsächlich Probleme bekommen, bei denen wird’s dann finanziell auch ganz schön eng. Ein Bayernligaverein ist kein wirklicher Amateurverein mehr. Da gibt es professionelle Strukturen und die Leute bekommen Geld. Wenn das mal nicht mehr fließt, bin ich gespannt, was passiert.

Die Landesliga ist so ein Zwitterding. Da gibt es sicher auch Vereine, bei denen es schwierig wird.
Die Bezirksliga sollte es allerdings schon schaffen. Wenn ich in der Bezirksliga schon nicht finanziell überleben kann, wenn ich meine 40 Zuschauer am Wochenende nicht drin hab, dann ist das Ganze schon nicht so optimal aufgestellt.“

»Geplant war die Verjüngung nicht wirklich – aber der Weg ist richtig.«

Presseluchs:
„Zum Sportlichen – der wohl größte Unterschied zwischen der diesjährigen Luchse-Mannschaft und dem Team aus der Saison 2019/20 ist das Alter. Viele Spieler jenseits der 30 haben den Verein verlassen. Diese wurden ausschließlich durch junge Spieler ersetzt. Wie kam es zu diesem Fokuswechsel?“

Jochen:
„Na ja, also wirklich geplant war dieser Fokuswechsel nicht. Wir wussten schon, dass die Geretsrieder, die ja alle etwas erfahrener waren, wohl alle gehen. Dass Julian und Niki dann noch nachziehen, die ja auch erfahrene Stammspieler waren, war so nicht einkalkuliert. Dass dann nur Junge gekommen sind, lag auch daran, dass ich nur nach Jungen gesucht hab. Im Sommer haben wir mit einem Landesligisten Gespräche über eine mögliche Kooperation geführt. Wir wollten deren Junioren bei uns mit einverleiben, was zum Verhandlungszeitpunkt nicht ging. Jetzt würde es gehen, aber jetzt wissen wir nicht, ob die Junioren durchspielen werden.

Jedenfalls, seit ich beim Eishockey bin, war ich schon immer dafür, dass es eine Struktur nach oben gibt. Das muss auch für Spieler möglich sein. Es gibt bei Eishockeyspielern immer dieses, man sitzt mit der Eisen- [überlegt] mit dem Ding auf der Bank, auf der Seite, mit der…“

Tobi:
„Mit der Wolldecke?“

Jochen:
„Ja genau, mit der Wolldecke. Es gibt einfach Spieler, die von Vereinen früh hochgezogen werden, weil sie Potential haben. Dann setzt sie der Trainer aber nicht ein, weil sie keine Erfahrung haben. Ich finde, solche Spieler sollten auch in anderen Vereinen die Möglichkeit haben, Spielpraxis zu sammeln. Es gibt nichts Wichtigeres für junge Spieler. Warum soll denn ein Landesliga-Junior, der aufgrund der hohen Ansprüche in der Liga da auf der Bank sitzt, nicht bei uns auf dem Eis rocken? Diese Richtung sind wir als Verein den ganzen Sommer durch gegangen und das zeigt sich auch in unserer diesjährigen Mannschaft. Ein weiterer Grund ist, dass es dieses Jahr für uns keinen Markt für erfahrenere Spieler gab. Deswegen haben wir uns nur nach jungen Spielern umgeschaut und das finden Tobi und ich auch gut so. Der Weg ist richtig.“

»Wir stehen ganz unten in der Nahrungskette. Diesmal sind die Spieler aber gar nicht erst zu uns durchgerutscht.«

Presseluchs:
„Gab es durch die Pandemiesituation bedingte Probleme beim Zusammenstellen der diesjährigen Mannschaft?

Jochen:
„Also als Bezirksligist stellen wir die Mannschaft jetzt nicht so speziell zusammen, weil wir halt am Ende der Nahrungskette stehen. Die Eishockeyspieler haben immer ein extrem gesundes Selbstbewusstsein. Da bewerben sich sogar Jungs, die nicht mal im Hobbyteam spielen, beim Bayernligisten. Die Nahrungskette schaut dann so aus, dass der Bayernligisten die Besten bekommt, weil er zahlt, und dann wird nach unten durchgereicht. Es gibt zwar vereinzelt Spieler, die aus persönlichen Gründen nicht mehr Bayernliga spielen wollen und dann in die Landes- oder Bezirksliga gehen, aber grundsätzlich kommt der Bezirksligist ganz am Ende und muss auf Schnäppchen hoffen. Ich habs die letzten Jahre immer so gemacht, dass ich genau diese Spieler kontaktiert hab, aber das war dieses Jahr absolut nicht möglich. Die meisten Bayern- und Landesligisten haben gar keinen so großen Kader zusammengestellt, weil sie nicht wussten, was jetzt ist. In den höheren Ligen wurden also nicht genügend Spieler endgültig abgelehnt, damit die sich auf die Bezirksligavereine verteilen könnten. Die Spieler konnten also gar nicht in die Bezirksliga durchrutschen. Die Jungen, die jetzt wollten, kamen bei einem arrivierten Bayernligist oder Landesligist jetzt eben nicht unter, weil der nicht weiß, welchen Kader er aufstellt, aber wenn, dann will ich jetzt erst mal einen erfahrenen Spieler. Vielleicht sind auch deswegen die Jungen dieses Jahr eher zu uns gekommen.“

»Ja, den pack ich noch. Aufm Radl.«

Im zweiten Teil des Gesprächs kommt Trainer Tobias Knallinger zu Wort. Es geht um erste Eindrücke, gesetzte Ziele, Rituale vor Anpfiff und 400m-Sprints.

 
 
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